Freitag, 12. Juni 2015

[SPOILERFREI] JURASSIC WORLD – Monsterhit oder Monstershit?

Warum über etwas schreiben, worüber momentan die ganze Medien/Filmwelt faselt? Weil man seine eigene Meinung gerne vertreten will. Und sieht man die Schlagzeilen einiger großer Newsseiten, wirkt der vierte Teil des Jurassic Park-Franchises wie ein großes, fettes "Meh". Auch ein gemochter YouTube-Kritiker wie Jeremy Jahns gab dem Film "nur" sein 4.-bestes Rating (oder andersherum gesehen, sein drittschlechtestes) und empfiehlt den Film als gute Zeit – wenn man betrunken ist. Also eher Erwartungen senken? Generell ein guter Tipp, wenn eine Fortsetzung erst nach über 10 Jahren realisiert wurde. Wichtiger ist doch für mich die Frage, ob MEINE Erwartungen erfüllt wurden. Gehen wir dafür etwas zurück und plaudern aus dem alphantastischen Nähkästchen.

Ich habe den ersten Teil im Erscheinungsjahr 1993 nicht im Kino gesehen. Von dessen Existenz erfuhr ich erst später, als die ersten Fernsehausstrahlungen kamen. Von da an war ich Feuer und Flamme für Jurassic Park. Ebenso für seinen Nachfolger, den ich ebenso nicht im Kino sah (sehen durfte? Hm). Auch dies genoss ich erst später via VHS. Den dritten Film (für mich persönlich eher enttäuschend) sah ich dafür zwei Mal... Einfach... einfach so. Es war eine Erfahrung, aber definitiv nicht die gleiche, die andere Leute mit dem ersten Teil hatten. Da war alles neu und noch nie gesehen! Ähnlich wohl wie 2009 mit AVATAR in 3D. Aber kommen wir zurück zum eigentlicen corpus delicti: Ich war von einem vierten Jurassic Park-Film ab der ersten Sekunde an gehyped. Verfolgte die Vorgänge, trauerte um den Verlust von Michael Crichton und biss mir in die Hand, als JP4 auch deshalb auf Eis gelegt wurde, spürte mein Herz vor Freude hüpfen, als es doch wieder aufgegriffen worden ist. Den Teaser zum dann fertigen JURASSIC WORLD habe ich immer und immer wieder angesehen, die Begeisterung stieg von Woche zu Woche, der 11.6.2015, WAS FÜR EIN TAG! Nach 14 Jahren das ersehnte Wiedersehen mit genetischen Wesen! Das klingt... unfröhlich? Aber wir lernen doch aus Buch und Film, dass die Tiere im Jurassic Park/World immer wieder auf ihre künstliche Erschaffung reduziert werden. Dass sich dadurch die "Erbauer" gottgleich allem überlegen sehen. Willkommen in der Selbstüberschätzung Mensch, die im JP-Franchise ihre selbstgeschaffenen Alpträume bewundern darf. So in etwa würde es ein zynischer Ian Malcolm/Michael Crichton betrachten.
Und auch im neuesten Ableger zeichnet sich dieses Bild ab. Diesmal mit noch mehr Chaos und Bedrohung, denn "der Park ist eröffnet"! Ein funktionierender Jurassic Park mit verschiedenen Attraktionen und einer bunten Auswahl an Dinosauriern – inklusive der alten Rex-Dame aus dem ersten Teil, wie ihre Narben zeugen. Aber was ist das? Die Besucherzahlen stagnieren bei 20 000 Besuchern am Tag? Die Aktionäre wollen einfach mehr? Da gibt es doch etwas von Ratiopharm von Dr. Henry Wu, dem eigentlichen Herrscher über den Jurassic Park, dem wahren Schöpfer, dem Gen-Genie, erneut gespielt von B.D. Wong. Er hat mit seinem Team ein Lebewesen aus verschiedenen Dinosauriern zusammengemixt und so den "INDOMINUS REX" erschaffen. Problem dabei: Das Tier ist wahnsinnig gerissen und sorgt nach seinem Ausbruch für das Desaster, an dessen Ende die Jurassic World ihrem Ende entgegen strebt. Denn ganz nach Murphy's Law geht bei den "Rettungsversuchen" alles schief, was schief gehen kann.
Auf 124 Minuten habe ich genau das bekommen, was ich wollte und erwartete. Einigen Leuten könnte der Humor im Film sauer aufstoßen. Jenen Menschen sei gesagt, dass der Film im Humorbereich ganz klar der Linie folgt, die der sehr geschätzte und erfolgreiche MARVEL-Film GUARDIANS OF THE GALAXY auch fuhr. Drama & Action überall, aaaaber mit coolen Sprüchen und zwischenmenschlichen Sticheleien. Dass Chris Pratt auch hier die Hauptrolle übernimmt, ist wohl schlicht dem Zeitgeist zuzuschreiben. Er macht seine Sache gut, ebenso wie der ganze Cast eine solide Performance abliefert. In einem Jurassic-Film erwarte ich keine Story, die so tief ist, dass sie den Erdkern kitzeln möchte. Ebensowenig erwartet man starke Charakterentwicklung. Man weiß schon vom ersten Kennenlernen, wer der Coole, wer der Böse, wer der Vollarsch ist. Klassisches Popcornkino halt. Für Nostalgiker gibt es überall im Film "versteckte" Anspielungen auf den ersten Teil, einige Sequenzen folgen klar der Bildsprache des Originals, was ich als Fan der...naja, zweiten Stunde mit einem anerkennenden Schmunzler akzeptieren konnte. 
Ohne zu viel zu verraten, wird die Nostalgiekeule teilweise sehr stark geschwungen, was den ein oder anderen zu erschlagen droht. Hierzu zählt auch die Verwendung der Originalmusik aus Teil 1, die meinen einzigen Kritikpunkt an JURASSIC WORLD darstellt. Der Score von Michael Giacchino ist schön und gut in Szene gesetzt – genutzte Samples aus dem ersten Film wirkten indes etwas lasch, da hätte man sich eine bessere Verwendung, ähnlich der Verwendung wie im letzten Harry Potter-Film gewünscht. Sieht man über die Szenen allerdings hinweg, ist JURASSIC WORLD für mich definitiv ein sehenswerter Actionfilm mit einer Menge Dino-Power und einem Finalkampf, an dessen Ende ich mich kaum auf dem Sitz halten konnte vor Begeisterung! Und das mach ich eigentlich eher selten im Kino – man ist ja nicht alleine, nöch?

Für Fans von Jurassic Park lohnt sich ein Gang ins Kino allemal, für die anderen emphielt sich eher noch ein Überblick über Teil 1 und 2, bevor man den Film schaut. Einfach zur Sicherheit. Wenn der Stil gefällt, ab ins Kino. Ist es für einen dumm, dämlich und total bescheuert, kann man sich das Geld sparen. Der Film erfindet das Kinorad definitiv nicht neu; er macht es aber auch nicht kantiger.