Mittwoch, 10. April 2013

Todtgelichters APNOE. Geht es baden und wenn ja, hält es wenigstens lang genug die Luft an?

Die Ankündigung war hart und kam zwar mit leichter Vorwarnung, aber doch irgendwie unerwartet. Todtgelichter wagen den Schritt und versuchen sich mit dem neuen Werk in einem anderen Genre. Ist der Wechsel gelungen? Sind das noch immer Todtgelichter?

Ja, es sind noch immer Todtgelichter. Logisch, steht ja drauf, auf dem unschuldigen weißen Cover. Wenn man ins Innere blickt, erwarten den Hörer rockige statt metallene Klänge, deutlich weniger Geschrei, viel Cleangesang, viel Marta, viel Melodie. Obwohl den Songs hier und da mehr Zeit zum Aufbauen gut gestanden hätten, sind die über 50 Minuten Spielzeit weder zu viel noch zu wenig. Man könnte die Review an dieser Stelle beenden und sagen "is' rockig geworden, wem's gefällt, bitte, wer das scheiße findet, von mir aus". Aber das wäre zu leicht.
Ich will auch nicht eingefleischte, engstirnige Schwarzmetaller vom Glauben an gute Rock/Alternative Bands überzeugen. Zu der Problematik mal per se: wer von einer guten, ehrlichen Band verlangt, dass sie jahrzehntelang die gleiche Schiene fährt, zwingt die Band dazu, sich den Wünschen und Begehren seiner Fans unterzuordnen, statt zu schauen, was die Musiker selbst weiterbringen könnte oder wie man sich ausprobieren kann (ohne gleich zig Nebenprojekte zu starten). Und das wird letztenendes höchstwahrscheinlich zu einem deutlichen Qualitätsverlust führen. Also lasst die Bands experimentieren und kombinieren, wie sie wollen. Wenn es euch nicht gefällt, dann hört das Album einfach nicht. Genießt alte Werke, sucht euch andere Bands in dem Genre. Oder ihr hört "apnoe" und versucht kein zweites "Angst" oder "Schemen" oder "Was bleibt..." zu erwarten. Denn "apnoe" fängt dort an, wo "NEON" aufhörte. Zumindest der erste Part von NEON.
phew, das hätten wir schonmal geschafft...

Sofern ihr beschlossen habt, das Album zu hören, seht ihr euch einer Vielzahl meist englischsprachiger Songs gegenüber (in der Sonderausgabe sind es mit dem einzigen dt. Song "Tiefer Fall" 10 Tracks). Vom Grundton her kommen mir Vergleiche mit diversen Alternativebands aus den USA in den Sinn, deren Namen ich nicht nennen will, da sie mir ohnehin nicht einfallen. Der düstere Ton vom Angst-Album ist größtenteils verschwunden (klar, neues Konzept), der schon die Angst-CD zierende fallende Mensch ist geblieben. Hat er seine Angst überwunden? Geht er womöglich nun damit um, statt vor ihr zu fliehen? Was will und der Künstler damit sagen..... Keine Ahnung.
Der neue Frontmann Tobias macht seinen Job gut, die Schrei.parts kommen sauber durch die Lautsprecher und auch sein Cleangesang, der ja auf dem Album vordergründiger ist, passt zum Konzept. Martas Gesang ist und bleibt sicher für viele Gewöhnungssache, ich finde, sie ist eine gute Sängerin mit viel Potential, das auf CD immer noch etwas scheut, dafür bei Liveauftritten die Grenzen sprengt. Hätte mir auch gewünscht, dass sie ihr Talent zum Schreien auch auf CD mal verewigt (ich hatte live stets eine Gänsehaut, wenn sie loslegte...), aber gut, dann muss ich wohl aufs nächste Album warten. Oder die Liveperformance genießen. Das Instrumentale ist gewohnt großartig, die Jungs beherrschen ihre Instrumente und scheuen auch nicht, das zu zeigen.
Einen Nachfolger für NEON habe ich auf dem Album nicht gefunden (einen Brudersong im Geiste fand ich dafür in Agrypnies "Zurück"), auch habe ich bei manchem Track das Gefühl, da fehlt noch ein kleiner Schubs zur Perfektion, auf die letzte halbe Minute noch ein letztes Feuerwerk an Innovation. Doch es bleibt dem erwartungsfreudigen Hörer verwehrt. Nuja. Kann ja nicht alles haben, gelle?

Zum Abschluss lässt sich noch folgendes anmerken: Das Album braucht ein, zwei, drei Durchläufe, bis es wirklich sitzt. Beim ersten Durchhören dachte ich noch "...whut?", mit dem zweiten und dritten Hören wurde es aber auch immer besser und besser. Die ersten Ohrwürmer entwickeln sich auch schon. Also nicht alles richtig gemacht, aber doch schon vieles, wertes Todtgelichter. Ich hoffe, man kann bald das Werk im Rahmen eines Livekonzertes feiern? :-)
(wenn es eine Bewertung gäbe, würde es 3,5 oder 4 von 5 Punkten geben. Ich großzügiger Punktepascher!)
(Bildquelle: metal1.info)

Edit: Nachdem ich nun das Album einen Monat besitze und es des öfteren bei iTunes angewählt wurde, würde ich dem Album sogar volle 5 von 5 Alpha-Punkten geben! Meine Güte!! Ohne Witz, je öfter man es hört, desto besser wird es! Und ich wage es noch nicht, einzelne Songs rauszupicken und nur diesen Track allein zu hören. Alle Songs scheinen eine symbolische Einheit zu bilden, obwohl man doch nicht direkt von einem Konzeptalbum wie bei Fjoergyn sprechen kann, bei denen jeder Track auf den anderen durch die Übergänge aufgebaut ist... ich verrenne mich. "APNOE" ist eine Einheit, hört es komplett durch und genießt es!